Podiumsdiskussion

Protokoll

der Podiumsdiskussion
am 04.09.2000 im Altenberger Hof, 20.00 - 22.00 Uhr

Marita Alami begrüßte zunächst die anwesenden Frauen im Plenum und stellte dann die Politikerinnen auf dem Podium vor: Karin Wiesemann (Mitglied des Rates der Stadt Köln für die SPD), Gaby Schlitt (Mitglied des Rates der Stadt Köln für die Grünen), und Marianne Hürten (Mitglied des Landtages NRW für die Grünen). Ursula Heinen (Mitglied des Bundestages für die CDU) kam etwas später wegen eines Termins, Petra May (Mitglied der Bezirksvertretung Nippes für die Grünen) war aus persönlichen Gründen verhindert.

Maria Horvàth-Heidrich vom Nippeser FrauenForum e.V. hatte die Moderation übernommen.

Marita Alami erläuterte anschließend kurz die Zusammenhänge zwischen dem Nippeser FrauenForum e.V., dem Frauenparlament und der Podiumsdiskussion. Siehe hierzu auch das aktuelle Plakat !

Maria Horvàth-Heidrich eröffnete die Diskussion.

Welche Forderungen und Anregungen wurden bearbeitet bzw. sind in die politische Arbeit eingeflossen?

Karin Wiesemann war beim Frauenparlament selbst in Sachen Frauenpolitik im Ausland und hatte die Beschlüsse nachträglich erhalten. Ihre Hauptforderung war die nach mehr Frauen in der Politik. Zur Umsetzung der im Frauenparlament erarbeiteten Forderungen habe sie lediglich die Möglichkeit gehabt, diese in der Fraktion anzusprechen und auf ihre Kollegen und Kolleginnen Einfluß zu nehmen, da sie selbst in keinem relevanten Ausschuß des Rates vertreten sei. Insgesamt sei es ohnehin nur möglich, solche Forderungen durchzusetzen, wenn sich der Frauenanteil in der Politik erhöhe. Dafür setze sie sich auf europäischer Ebene in einem Arbeitskreis sozialdemokratischer Frauen ein.

Gaby Schlitt wies zunächst darauf hin, daß ein Zeitraum von sechs Monaten eine sehr kurze Zeit sei, um Ergebnisse zu präsentieren, zumal sie zum Zeitpunkt des Frauenparlaments erst ganz kurz Mitglied des Rates gewesen sei.
Der Köln-Paß sollte abgeschafft werden, habe aber auf Initiative der Grünen weitgehend unter dem neuen Namen "Familienpaß" erhalten werden können. Es entstand eine kontroverse Diskussion zum Thema Köln-Paß/Familien-Paß zwischen Podium und Plenum.
Anschließend berichtete Gaby Schlitt, daß die Kölner Rats-Grünen einen Antrag für mehr Hortplätze an das Land gerichtet hätten, die Stadt solle sich aber bemühen, neue Wege der Kinderbetreuung zu suchen. Die Grundschule von acht bis dreizehn Uhr solle ausgebaut werden, eine Initiative dazu sei für die Haushaltsberatungen geplant. Gaby Schlitt rief dazu auf, über Elterninitiativen mehr Druck auf Stadt und Land auszuüben, da sich in diesem Bereich immer noch zu wenig tue.

Marianne Hürten habe sich in den letzten Koalitionsverhandlungen gezielt für Frauenthemen eingesetzt, das Land habe aber bekanntermaßen Finanzschwierigkeiten. Es gebe aber dennoch Förderprogramme für Frauenweiterbildung im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Darüber hinaus solle die Ganztagsbetreuung für Schulkinder ausgebaut werden, z.B. über sog. SiT-Programme, allerdings mit möglichst geringer finanzieller Belastung für das Land. Daher böte sich mehr Nachmittagsbetreuung an den Schulen selbst an. Im Nachtragshaushalt sollten aber die Defizite in diesem Bereich durch mehr Gelder gestopft werden.
Weiter sollten gezielte Bildungsangebote für Mädchen und Frauen im Bereich der neuen Technologien gefördert werden. Sie unterstütze die Arbeit des Nippeser FrauenForums e.V. bei der Gründung eines Frauen(bildungs)zentrums in Nippes und bemühe sich intensiv um dessen Förderung durch das Land. Es sei aber aufgrund offener Fragen und der ausstehenden Haushaltsberatungen noch keine endgültige Entscheidung im Arbeitsministerium gefallen.
'Schülertreff in Tageseinrichtungen' - SiT
In Abstimmung mit der Schule sollen vor allem Tageseinrichtungen für Kinder flexible Betreuungslösungen anbieten. SiT richtet sich an Eltern von Grundschulkindern, die keinen Platz in den anderen Betreuungsformen für Schulkinder brauchen. Der Schülertreff in Tageseinrichtungen für Kinder wird ganzjährig angeboten, auch in den Schulferien und in dieser Zeit nach Bedarf ganztägig. In einer kleinen SiT-Gruppe werden sieben bis 14, in einer großen SiT-Gruppe 15 bis 20 Kinder von Erzieherinnen und Erziehern wöchentlich mindestens 15 Stunden betreut. Die Projekte bieten beispielsweise einen Mittagstisch, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitgestaltung an. Das Land fördert Gruppen pro Schuljahr mit 15.000 DM (kleine Gruppe) bzw. 20.000 DM (große Gruppe).
Quelle: Pressemitteilung MFJFG NRW, 10.05.2000

Ursula Heinen war beim Frauenparlament kurzfristig verhindert, hat aber die Beschlüsse per Fax erhalten. Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse bzw. Qualifizierungen werde bereits auf Bundesebene verhandelt.
Sie habe Sprachkurse mit örtlichen Vereinen und Initiativen ins Leben gerufen, um besonders junge Migrantinnen zu integrieren.
Um eine ausreichende Rente zu erreichen, sei eine ausgiebige Diskussion um die Rentenreform vonnöten und eine Erhöhung des Kinderfaktors. Ursula Heinen sprach sich gegen eine Grundrente aus, da diese nicht zu finanzieren sei.
Computerkurse in Schulen sollten auch für Lehrerinnen und Lehrer mehr möglich gemacht werden. Besonders wichtig seien auch Technologie-Kurse speziell für Mädchen und Frauen.
Sie gehöre einem überparteilichen Zusammenschluß von Frauen im Bundestag an, der bereits recht gut funktioniere. Auch im Kreisverband der CDU in Köln gebe es ein ‚Frauenbündnis'.
Eine gleiche Rente solle durch höhere ‚Kinderbeiträge' und einen Frauenfaktor erreicht werden. Aus einer Umstellung auf eine Grundrente ergäben sich Ungerechtigkeiten zwischen den Generationen.

Marianne Hürten regte einen speziellen Rentenabend für Frauen an, dessen Realisierung das Nippeser FrauenForum übernehmen wird. Ursula Heinen betonte, daß dieser Abend möglichst bald stattfinden sollte, um noch in die laufende Reform eingreifen zu können.

Frauen fragen Politikerinnen

Welche Änderungen wurden beim Familienpaß vorgenommen?

Karin Wiesemann: Der Familienpaß begünstige alle Familien ab drei Kindern, unabhängig vom Einkommen. Der Eintritt bei den Bädern sei nicht mehr ermäßigt und die Mittagessen seien zunächst teurer geworden, diese Änderung sei aber im Schulausschuß wieder zurückgenommen worden.
Gaby Schlitt: Die Änderung zum Familienpaß habe ohne Einschnitte über die Bühne gehen sollen. Ermäßigt seien jetzt allerdings nur noch Mehrfachfahrkarten, keine Einfachfahrkarten der KVB. Das sei allerdings kein großes Problem, da es ohnehin sinnvoller sei, Mehrfachfahrkarten zu kaufen, da diese im Verhältnis günstiger seien.
Marianne Hürten: Das Land habe eine Pauschalisierung der Sozialhilfe erlassen, bei dem die Grünen allerdings Bedenken hätten: die Wohnkosten seien bereits eingerechnet, ebenso die Hilfe für besondere Lebenslagen. Dieses Modellverfahren laufe jetzt in den Kommunen an, die Stadt Köln wolle sich beteiligen. Es solle dringend beobachtet werden, wie die Änderungen sich auswirken.
Ursula Heinen: Es sei gut und richtig, daß beim Familienpaß der Kreis der Berechtigten erweitert wurde.

Warum werden Frauen, die bisher Familien betreut haben (z.B. deren Kinder ausgezogen sind), im Familienpaß benachteiligt?

Karin Wiesemann: Die Stadt Köln habe Geld sparen, aber Familien fördern wollen. Bei den Vergünstigungen im Bereich der KVB, die die größte Summe darstellten, solle es aber Nachbesserungen geben. Außerdem sei auch schon der Köln-Paß immer heftig diskutiert worden.

Was genau ist eine Familie? Wie werden Frauen berücksichtigt, die nicht in einer klassischen Familiensituation leben?

Karin Wiesemann: Der grundlegende Unterschied zwischen Köln-Paß und Familienpaß sei, daß zusätzlich zu den Geringverdienenden auch Familien mit mindestens drei Kindern berechtigt seien.

Die "Staatliche Dienstleistung" werde stetig abgebaut; der Staat solle weiter in der Verantwortung bleiben. Die Privatisierung des Busverkehrs biete der Politik keinerlei Einflußmöglichkeiten mehr.

Ursula Heinen: Die Privatisierung staatlicher Unternehmen werde mit Auflagen versehen, an die Firmen gebunden seien.
Marianne Hürten: Die Erfüllung der Auflagen könne kaum kontrolliert werden (Beispiel: Reinigungsunternehmen), bei Einsparungen sei mit geringerer Qualität zu rechnen. Außerdem lägen die Löhne oft unter dem vorherigen Tarifniveau.
Ursula Heinen: Die Privatisierung habe Vorteile, so sei größerer Service die Folge. Staatliche Betriebe seien kaum noch zu finanzieren, daher müßten Steuern weiter steigen, wenn an der Staatlichkeit festgehalten werde.

Im Themenspeicher wurde für die weitere kritische Begleitung bzw. Fachveranstaltungen mit Politik und ExpertInnen festgehalten:

  • Köln-Paß / KVB
  • Frauen und Rente
  • Modellversuch pauschalierte Sozialhilfe
  • Privatisierung kommunaler Aufgaben öffentliche Fürsorge ?

Maria Horvàth-Heidrich verabschiedete die anwesenden Frauen und gab einen kurzen Ausblick auf folgende Veranstaltungen.

Der Abend klang mit dem Frauenstammtisch aus.

Protokoll: Alexandra Leiße


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